Artikel, Nachrichten, Meldungen
Heimat Echo 21.11.2001 | Alster Anzeiger 25.10.2001 | Alster Anzeiger 23.11.2000 |
Alster Anzeiger 30.03.2000 | Markt 30.03.2000

Alster Anzeiger,
Donnerstag, 30. März 2000

Ein Zipfel vom Paradies in Sasel
Und wieder: Äpfel in der Hauptrolle

(im) Was für ein Schatz Auf der Heide 39 zu heben war, haben die Pächter mehr zufällig aber mit sicherem Blick für "Naturereignisse" entdeckt. 1979 zogen Elke und Dieter Nitz in ihr denkmalschutzverdächtiges Haus. Drei Jahre später konnten sie die danebenliegende Koppel pachten - für Tochter Natalies Pony.

Bei näherer Inspektion ihrer 2,5 Hektar umfassenden "Ländereien" fanden sie die historische Streuobstwiese mitten in Sasel. 100 Apfelbäume reckten ihre Kronen aus der Wildnis. Ehepaar Nitz sorgte für Licht, Luft und Platz zwischen den Trägern der paradiesischen Früchte. Dabei stellte sich heraus
: Im Kernteil der Streuobstwiese stehen die Bäume ordentlich in Reih' und Glied - mit einigen "altersbedingten" Lücken. 1996 wurde eine erste Bestimmung der Apfelbäume vorgenommen. Der Pomologe fand 35 Apfelsorten - viele davon gehören edlen alten Sorten an, die heute kaum mehr bekannt sind. Vom Altländer Pfannkuchenapfel über Krügers Dickstiel bis Ruhm von Kirchwerder. Mittlerweile hat auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland vom Schatz in Sasel Kenntnis genommen. Zusammen mit dem Botanischen Verein zu Hamburg und der Stiftung Naturschutz Hamburg wurde beschlossen, dieses wachsende Kulturdenkmal zu schützen und Ehepaar Nitz bei der Entwicklung der Streuobstwiese zu helfen. Den Anfang machten am vergangenen Sonntag 20 junge Apfelbäume mit bestem alten Stammbaum. Die spendierten Baumbabys wurden gemeinsam gepflanzt und füllen nun die altersbedingten Lücken.

Schätzungsweise entstand die Streuobstwiese um 1920. Dieter Nitz nimmt an: "Bauer Kramp hat die Bäume gesetzt." Und zwar schön symmetrisch im Abstand von neun Metern. Einige tanzen allerdings aus der Reihe. Zum Beispiel der wohl älteste Vertreter namens Boskop. Er wird auf rund 100 Jahre geschätzt und hat ein richtiges Gesicht. Vielleicht haben die schon vorhandenen Bäume Bauer Kramp inspiriert, die geometrische Apfelplantage anzulegen. Seine Erben sind nun fest entschlossen, das Kleinod mitten in Sasel wieder auf Hochglanz zu polieren. Dieter Nitz, Diplom-Ingenieur und neuerdings im Vorruhestand: "Jetzt kann ich mich erst richtig darum kümmern."

Den Anfang machten 20 Birken, die sich eingeschlichen haften. Mit nachbarlicher Hilfe konnte der Kraftakt bereits erledigt werden. Des weiteren brauchen die Bäume einen fachgerechten Schnitt und dann können sich Nitz, Freunde, Nachbarn und Spaziergänger wieder über eine prachtvolle Baumblüte freuen. In diesem Jahr auch zwei Bienenvölker: Dieter Nitz' Kollege Hollman, ebenfalls im Vorruhestand, ist Bienenzüchter und schickt seine fleißigen Flieger in die Apfelblüten. Während die Früchte reifen, hält Dieter Nitz mit der Sense das Gras in Schach. kümmert sich um rund zwei Kilometer Zäune und drei Ponys. Des weiteren gehören zum ländlichen Paradies chinesische Seidenhühner und Kastilianer, die besonderen Lieblinge von Elke Nitz. Sie vertilgen Ungeziefer und sorgen für köstliche Eier.

Von Juli bis Dezember bestimmen die Äpfel das Leben auf der Heide 39. Den Anfang der Ernte macht der "Klarapfel". Erst wird "gebadet". Die Äpfel durchlaufen eine Wäsche in einer Badewanne auf selbstgebauten Holzgestell. Elke Nitz und die apfelbegeisterte Garten-Freundin Marion Rüsch zerlegen die Früchte in Stücke und anschließend geht's in die alte hessische Obstpresse. Den Handbetrieb besorgt Dieter Nitz. Ein großer Teil des Saftes wird sofort frisch an Freunde und Nachbarn verteilt. Ein weiterer Teil wird haltbar gemacht und auf Flaschen gezogen. Viele Äpfel sehen auch einer weiteren Karriere als Apfelwein entgegen. Die gesamte "Fabrikation" läuft per Handbetrieb und auch der letzte Apfel wird aufgesammelt. Ist dann "Stina Lohmann" dran, steht Weihnachten vor der Tür und viele Flaschen Apfelsaft und Wein im Regal. Die bislang größte Apfelernte gedieh 1998. 2720 Liter Saft kamen aus der Presse. Elke Nitz und Marion Rüsch führen genau Buch. Möglicherweise wird der Rekord in diesem Jahr mit BUND und Bienenhilfe noch übertroffen. Dieter Nitz hat ja jetzt mehr Zeit für die Presse.

Und für weitere Ideen: Künftig sollen auch naturschätzende Mitmenschen das kleine Paradies mit seinem inzwischen 122 Apfelbäumen erleben dürfen Geplant sind Führungen zur Baumblüte, zur Vogelkunde, denn auch die Gefiederten wissen die Steuobstwiese mit allem Drum und Dran zu schätzen und für Fledermäuse, die das Stückchen Landleben lieben.